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Diese Mahnwache ist die erste und letzte

16. Dezember 2020

Tierschützer aus ganz Deutschland protestierten für „Goofy“ vor dem Museumsdorf – weitere Aktionen abgeblasen

VOLKSDORF Große Aufregung um einen kleinen Ochsen. Tierschützer aus ganz Deutschland haben am vergangenen Freitag vor dem Museumsdorf demonstriert. Das Ziel: Das Tier freikaufen und auf einem Lebenshof unterbringen zu können. Die Aktion hat bundesweit für Schlagzeilen und vor Ort für Kopfschütteln gesorgt.

Von Marius Leweke

Unter dem Motto „Fridays for Goofy“ hatte der federführende Erdlingshof aus dem niederbayerischen Kollnburg überraschende, unkonventionelle und eindrucksvolle Kampagnen angekündigt. Diese ganz große Welle wurde jedoch abgesagt und durch eine stumme Mahnwache im kleineren Rahmen ersetzt. Um 10 Uhr morgens reihten sich rund 40 im Ton friedliche Tierschützer vor dem Museumsdorf auf. Ihnen gegenüber standen zahlreiche Medienvertreter und Engagierte aus dem Stadtteil sowie jene Schüler, die sich in den vergangenen eineinhalb Jahren um Goofy gekümmert haben. Die Stimmung blieb – entgegen der Befürchtungen – gelassen und sachlich. Alle Beteiligten suchten und fanden das Gespräch miteinander. Nach Ende der Veranstaltung lud das Museumsdorf dann die Vertreter des Erdlingshofes ein, Goofy auf der Weide zu besuchen. Hinterher setzten sich die Tierschützer auch mit den Schülern zusammen, die das umstrittene Projekt initiiert haben und bis heute begleiten – ein gutes Gespräch, sagen alle am Ende.
Wie berichtet, waren Schüler des Walddörfer Gymnasiums bei Goofys Geburt dabei. Um ihn vor der sofortigen Schlachtun zu bewahren, brachten sie ihn ins Museumsdorf – wohlwissend, dass er auch hier nur eine begrenzte Lebenszeit haben würde – das Museumsdorf bildet die realistische Landwirtschaft ab und ist kein Streichelzoo. Goofy wurde zum Schulprojekt, die Jugendlichen setzten sich intensiv mit Landwirtschaft und Tierwohl auseinander. Seine geplante Schlachtung wurde nach einem bundeweiten Protest von Tierschützern nun abgesagt. Sie protestierten jedoch weiter, denn Goofy soll nun Zugochse werden.

Aus Guerilla-Kampagne wird stille Mahnwache

Am Freitag postierten sich die Demonstranten mit vorgedruckten Transparenten und Plakaten – „Sicherheit für Goofy“ und „Gerechtigkeit für Goofy“ – eingerahmt von kleinen Plastikkälbern vor dem Museumsdorf, beobachtet von mehr als 40 Medienvertretern. Der Wunsch: Goofy soll auf einem Lebenshof leben. Einer dieser Lebenshöfe, der Erdlinsghof im niederbayerischen Kollnburg, hat die Mahnwache organisiert und war mit dem 2. Vorsitzenden Johannes Jung und Sprecher Nicolas Thun auch vor Ort – zum ersten Mal überhaupt. Angesichts eines friedlichen Museumsdorfs war von Guerilla-Kampagnen plötzlich keine Rede mehr. Stattdessen hieß es nun: „Wir haben die Menschen friedlich miteinander ins Gespräch gebracht“, so Nicolas Thun. „Das war eines unserer Ziele und das haben wir erreicht.“

Das andere Ziel, Goofy umzusiedeln, bleibt den Tierschützern verwehrt. „Bei uns lebt er wie auf einem Bio-Bauernhof“, betont Museumswart Egbert Läufer, der sich ebenso wie andere Vertreter des Museumsdorfes der Diskussion mit den Tierschützern offen stellte. Läufer stört an der ganzen Aktion, dass mit den Schülern und dem Museumsdorf „die Falschen an den Pranger gestellt werden“. In der Sache, also der Ablehnung industrieller Massentierhaltung, so der Museumswart weiter, „liegen wir gar nicht so weit auseinander.“ Auch die Vertreter des Erdlingshofs mussten zugeben, dass es ihnen nach der Absage der Schlachtung auch darum geht, Goofy als Symbol für die täglich 9000 geschlachteten Rinder zu nutzen.

Der Erdlingshof bedauert zwar mittlerweile seine Ankündigung, „Volksdorf mit Guerilla-Aktionen nicht zur Ruhe kommen zu lassen“, und hat weitere Aktionen vorerst abgeblasen.

Passanten reagieren empört auf den Protest

Dennoch reagierten die meisten Passanten empört auf die Mahnwache. Ralf Bergemann (53) etwa nannte den Shitstorm gegen Schule und Museumsdorf „Meinungsterrorismus“. Bernd Opitz (71) störte sich an der Vereinnahmung des Mottos der Jugendbewegung „Fridays for future“ durch Erwachsene. Man solle, so auch die Meinung zahlreicher anderer Volksdorfer „lieber gegen Massentierhaltung und Tierhandel demonstrieren, als gegen ein ambitioniertes, und sinnvolles Schulprojekt“. Die wenigen Mahnwachenteilnehmer, die sich gegenüber dem Heimatecho äußern wollten, wie Thorben (46) und Andrea (53) aus Hittfeld, waren dagegen der Meinung, dass „ein solches Projekt nicht pädagogisch wertvoll ist“.

Gegendemonstration zu Goofy in Volksdorf
Gegendemonstration
Den Protest der Tierschützer wollten Bruno und Silvia Trierweiler so nicht stehen lassen. Sie kamen als „Gegendemonstranten“ mit selbst gemalten Transparenten. Ihre Forderung: „Sachlichkeit und Anerkennung“ für das Schulprojekt. Da sie ihre kleine Demonstration nicht angemeldet hatten, wurden sie von der Einsatzleitung der Polizei freundlich aufgefordert, sich ein wenig abseits zu halten – solange, bis ihre Demonstration nachgemeldet worden war Foto: Stefanie Parello

Schüler bieten Ersatz-Kalb an

Überrascht wurde der Erdlingshof im weiteren Verlauf der Mahnwache von einem Angebot der Klasse 8d des Walddörfer Gymnasiums aus Volksdorf. Die Schüler schlugen vor, „einem Kalb, dem es nicht so gut geht wie unserem Ochsen Goofy und das wirklich dem Tod ins Auge blickt“ den Goofy zugedachten Platz auf dem Erdlingshof zu überlassen. Dafür würde man ein Kalb aus konventioneller Haltung kaufen, so die Idee der Achtklässler.

Der Erdlingshof wird dieses Angebot nicht annehmen – aus grundsätzlichen Erwägungen. „Wir kaufen keine Tiere frei“, sagt Sprecher Thun. Es sei ohnehin so, dass der Erdlingshof, wie nahezu alle Lebenshöfe, deutlich mehr Tiere angeboten bekommt, als man aufnehmen könne. Goofy sei eine Ausnahme, „weil er zum Symbol für den Umgang mit Nutztieren geworden ist“.

Ochse Goofy auf de Weide im Museumsdorf Volksdorf
Goofy hat von der Aufregung um ihn nichts mitbekommen. Er stand auf der Weide und hat es sich mit seinen Kumpels gutgehen lassen
Foto: Marius Leweke

Last modified: 16. Dezember 2020

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