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Kleinste Burg der Welt

18. November 2020

POPPENBÜTTEL Vor sieben Jahren kauften Miriam und Helge Hager Burg Henneberg. Ein Jahr lang sanierten sie das Gebäude. Seit der Öffnung des Denkmals begrüßten sie gut 60.000 Gäste bei Konzerten, Familien- und Firmenfeiern. Durch die Corona-bedingten Einbußen und die Unbeweglichkeit der Hamburger Lokalpolitik werden die Hagers nun eventuell das Burgtor für immer schließen.

Burg Henneberg und die Hagers
Die Hagers würden ihr Denkmal gerne weiterhin der Öffentlichkeit zugänglich machen Foto: H. J. und M. Hager

Anfang 2013 verliebten sich die Hagers spontan in das Bauwerk. Sie kauften es und verbrachten ein Jahr damit, das Burginnere wieder herzurichten. „An jeder Wand war Schimmel. Der Putz musste komplett runter. Das haben wir in wochenlanger Arbeit mit unseren Töchtern gemacht“, erinnert sich Miriam Hager. Seit der Eröffnung der Kulturstätte im September 2014 haben die Hagers, die ihren Beruf als „Gastgeber“ bezeichnen, jährlich um die 100 Konzerte und weitere 100 private Veranstaltungen wie Hochzeiten, Geburtstage, aber auch Firmenfeiern ausgerichtet. Seit dem Beginn der Pandemie waren es 20 Hochzeiten mit wenigen Gästen und null Konzerte – zu wenig für ein altes Gemäuer, das hin und wieder einen neuen Backstein braucht oder – eine Heizung! Vor fast zwei Wochen holte deshalb eine Firma den Flügel aus der Burg, um ihn in ein Winterlager zu bringen. „Der wäre uns sonst über den Winter verschimmelt“, sagt Miriam Hager.

Das Millionen-Problem


Sie und ihr Mann Helge würden das historische Kleinod gerne weiterbetreiben, doch es gibt ein Problem: Als einer der Vorbesitzer vor 30 Jahren die Burg von der Stadt kaufen wollte, „ließ er sich dummerweise einen Vertrag aufschwatzen“, erklärt Hager. Darin war nicht nur der Kaufpreis von rund 120.000 Mark verankert, sondern auch die Verpflichtung, das bröckelige Denkmal zu sichern, was in der Folge eine Million Mark verschlang. „Und als Dankeschön“, so Hager ironisch, „wurde im Grundbuch vermerkt, dass die Immobilie weder als erster Wohnsitz noch gewerblich genutzt werden darf.“ Dieser Grundbucheintrag existiert noch heute. Er ist der Grund, warum die Hagers eine Stiftung gründen mussten, um überhaupt Veranstaltungen durchführen zu können. Er ist der Grund, weshalb sie statt Eintrittsgeldern und Raummieten nur Spenden entgegennehmen dürfen. Seit geraumer Zeit kämpfen die Burgbesitzer darum, dass er endlich entfernt wird, weil sie gewerblich tätig werden möchten. „Alle finden es super, was wir hier machen. Aber nun brauchen wir Hilfe, um die Burg auf nachhaltig gesunde Füße zu stellen.“
Da Lokalpolitik und Verwaltung seit inzwischen vier Jahren regelmäßig mit dem Problem konfrontiert wurden und dennoch nicht tätig geworden sind, hat sich Miriam Hager nun Fürsprecher ins Boot geholt. „Laut Denkmalschutzamt müssen die aktuellen Nutzungsoptionen erweitert werden, um eine langfristige Erhaltungsperspektive zu ermöglichen“, sagt Kristina Sassenscheidt vom Denkmalverein Hamburg e.V., und sie fährt fort: „Die Burg gehört sicherlich zu den ungewöhnlichsten Baudenkmälern dieser Stadt. Daher wäre es wünschenswert, dass die Lokalpolitik den rechtlichen Rahmen ausschöpft.“ Und ein weiterer gewichtiger Mitstreiter ist seit Kurzem mit an Bord: Finanzsenator Dr. Andreas Dressel. Gegenüber dem Heimat-Echo gab er an, bereits in Gesprächen mit allen Beteiligten zu sein. Er sagt: „Stadt und Bezirk haben ein großes Interesse daran, dass dieses wertvolle Denkmal im Alstertal für die nächsten Generationen erhalten bleibt. Hier ist es uns wichtig, dass die privaten Eigentümer weiter in der Lage sind, ihre Verantwortung dabei wahrnehmen zu können. Das bedarf gerade in der jetzigen Corona-Zeit auch einer gewissen Flankierung von Stadt und Politik vor Ort.“

„Dann macht es selbst“

Miriam Hager ist erleichtert über die Unterstützung. Schließlich soll die wahrscheinlich kleinste Burg der Welt der Öffentlichkeit weiterhin zugänglich gemacht werden, „denn ein Denkmal, in dem gar nichts passiert, ist tot und nichts wert!“ Ihr Schlusswort an die lokalen Politiker: „Wenn Ihr unser Konzept so toll findet, aber den Grundbucheintrag nicht ändert – dann macht es selbst!“

Von Anja Krenz

Henneberg und seine Burg
Es war einmal ein Postbeamter namens Albert Henneberg. „Der hatte ein Ass im Ärmel: eine reiche Erbtante, die für ihren Lieblingsneffen nach und nach das Alstertal aufgekauft hat“, erzählt Miriam Hager. Henneberg gründete einen erfolgreichen landwirtschaftlichen Betrieb auf seinen Ländereien und häufte Reichtum an. Alsteraufwärts baute er von 1884-1887 ein Herrenhaus und legte drum herum einen Park an. „Doch er brauchte noch eine Kirsche auf der Sahnetorte – ein sogenanntes Garden Folly“, so Hager. Folly ist Englisch und bedeutet Verrücktheit – etwas freundlicher ausgedrückt ist ein Garden Folly eine Parkdekoration. „Henneberg hatte die Wahl zwischen einem chinesischen Teehaus, einem Schweizer Chalet und einer mittelalterlichen Burg. Für die entschied er sich.“ Um ihr noch ein bisschen mehr Erhabenheit zu verleihen, bestand Henneberg auf einem Burgberg, der innerhalb von drei Jahren in mühsamer Arbeit aufgeschüttet wurde und am Ende 15 Meter hoch war. So kam Poppenbüttel zu einem Berg, einer Burg und einem Teich. „Wir vermuten, dass der heutige Schleusensee durch den Aushub für den Berg entstanden ist“, sagt Miriam Hager.

Last modified: 17. Dezember 2020

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