Experten unterscheiden zwischen Warn, Alarm- und Schädigungschmerzen
POPPENBÜTTEL Jedes Jahr verletzen sich in Deutschland rund zwei Millionen Menschen beim Sport. Diese hohe Anzahl an Verletzungen liegt nicht nur an dem Trend zu immer ausgefalleneren und risikoreichen Sportarten, häufig wird schlecht trainiert. Außerdem werden Vorsichtsmaßnahmen und Schmerzreaktionen nicht ausreichend berücksichtigt.
Von Torsten Neumann und Sebastian Conrad
Wer beim Sport seine Leistung optimieren will, muss an seine Grenzen gehen. Nicht nur beim Training, sondern auch im Wettkampf. Hierbei verspüren Sportlerinnen und Sportler oft ungewohnte Schmerzen. Experten unterscheiden zwischen Warn- Alarm und Schädigungsschmerz. Wenn der Schmerz nach 18 bis 24 Stunden nach der sportlichen Belastung entsteht, ist es in der Regel eine klassische Immunreaktion des Körpers, die auf eine mögliche Überlastung hinweist. Ist der Trainierende anschließend wieder schmerzfrei, ist die Belastung grundsätzlich angemessen. Die Sportredaktion ist den unterschiedlichen Schmerzformen gemeinsam mit Athletiktrainer Magnus Nerlich auf den Grund gegangen.
„Der Alarmschmerz, vergleichbar mit einem akuten Zahnschmerz, ist ein Warnsignal und häufig auf eine Entzündung zurückzuführen. In diesem Fall sollte der Sport nicht fortgesetzt und professionelle Hilfe gesucht werden. Der Schädigungsschmerz ist eher selten. In der Regel sind äußere Einflüsse, wie beispielsweise Brüche, dafür verantwortlich”, berichtet Magnus Nerlich, Athletiktrainer der SG Hamburg Nord.
Die Muskulatur braucht Reize
Gerade beim Krafttraining hört der Athlet oft, „no pain – no gain“ – frei übersetzt „ohne Schmerz kein Gewinn“. Der Muskel brauche bestimmte Reize, um sich anzupassen, berichtet Nerlich. Aber Vorsicht: Die Muskulatur passt sich schneller an Belastungen an als Sehnen und Bänder. Deshalb sollten Trainingsumfänge langsam gesteigert werden. Zu großer Ehrgeiz sei eher schädlich, weiß Nerlich. Wichtig seien verabredete Trainingsziele, damit die eigene Fitness nachhaltig gesteigert werden kann. Wird eine Sportart mit einem eher einseitigen Bewegungsablauf, wie beispielsweise beim Tischtennis, Tennis oder Golf betrieben, gehören Kraft- und Ausdauertraining sowie das Trainieren der Beweglichkeit und der Koordinationsfähigkeit zum ergänzenden Programm. „In jedem Fall darf das Aufwärmen nicht vergessen werden, da es die Muskeln und Gelenke in Schwung bringt”, so Nerlich.
Kommt es trotz Aufwärmphase zu einer Verletzung, ersetzt Erste Hilfe keinen Arztbesuch. „Selbst wenn das Gelenk wenig anschwillt oder kein Bluterguss entsteht, kann die Verletzung größer sein und sollte von einem Fachmann begutachtet werden”, empfiehlt Nerlich, der sich Woche für Woche um die Fitness der SG-Herrenmannschaft in der 3. Handball-Bundesliga kümmert.
Alltagsaktivität reicht nicht aus
„Beim Handball ist voller Körpereinsatz gefordert. Unsere Spieler arbeiten bei Sportverletzungen deshalb mit einem Netzwerk aus Sportmedizinern und Physiotherapeuten zusammen”, berichtet Nerlich. Wenn die klassische Behandlung abgeschlossen ist, komme er ins Spiel. „Nach der ärztlichen Behandlung oder den Sitzungen beim Physiotherapeuten ist oft nur die Alltagsaktivität wieder hergestellt“, so der Performance Coach, der seine Sportler individuell betreut. „Denn lediglich schmerzfrei zu sein, reicht im Regelfall nicht, aus.“
Last modified: 22. Februar 2023