„Eine schmerzliche Entscheidung“
SASEL Ostern ist das Fest, an dem viele Menschen in die Kirchen strömen. Zugleich haben viele Gemeinden Probleme, ihre Kirchen zu unterhalten. So auch in Sasel. Denn: Zwei Gotteshäuser sind zu viel für eine Gemeinde. Der Landeskirchenrat hat entschieden, dem Abbruch der Lukaskirche im südlichen Sasel zuzustimmen. Die Kirche wird schon seit zwei Jahren nicht mehr für Gottesdienste genutzt. Das Grundstück soll der evangelischen Kindertagesstätte überlassen werden, die bereits das ehemalige Gemeindehaus nutzt.
Von Marius Leweke
„Schmerzlich war und ist die Entscheidung in jedem Fall“, sagt Pastor Frank-Ulrich Schoeneberg. Rückläufige Mitgliedszahlen und steigende Instandhaltungs- und Renovierungskosten hätten den Kirchengemeinderat gezwungen, diesen Standort aufgeben zu müssen. Schon 2020 sei man mit den Gottesdiensten und anderen gemeindlichen Aktivitäten komplett in die Vicelinkirche am Saseler Markt umgezogen. „Wir können die Augen nicht davor verschließen, dass wir keine zwei Kirchen unterhalten können.“ Allein die anstehende Sanierung des Turmes der Vicelinkirche in diesem Jahr koste 250.000 Euro.
Geldmangel trifft auch andere Kirchen
Dass die evangelische Kirche in Hamburg nicht mehr alle ihre Gotteshäuser unterhalten kann, zeichnete sich schon seit längerem ab. 2016 fiel die Entscheidung, den Unterhalt ausgewählter Kirchenbauten in die Hände der Gemeinden zu geben. „Es ist irrational in Zeiten rückläufiger Besucherzahlen an allen Gebäuden festzuhalten“, sagt Remmer Koch, Sprecher des Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreises Hamburg-Ost. Mehr als die Hälfte der Hamburger Kirchen seien nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut worden. „Damals hat keiner diesen Abwärtstrend für möglich gehalten.“ Gerade die in den 1960er-Jahren erbauten Kirchen hätten jetzt Renovierungsbedarf. „Da müssen wir leider schauen, wo sich der Erhalt lohnt.“ Pröpstin Isa Lübbers ergänzt, „dass sie es sehr bedauert, dass die Gemeinde diesen schweren Schritt gehen und sich endgültig von der Kirche trennen muss.“
„Menschen statt Steine“
Bei knapper werdenden Budgets, so Remmer Koch weiter, liege die Priorität der Kirche auf der Gemeindearbeit. „Menschen statt Steine“ lautet das Motto, wonach die finanziellen Mittel primär in die unterschiedlichen spirituellen und gemeinschaftlichen Angebote fließen sollen. Immerhin sei der Prozess der Entwidmung von nicht mehr benötigten Kirchen im Kirchenkreis Hamburg-Ost mit dem Abbruch der Lukaskirche vorerst abgeschlossen.
Andere Gemeinden haben Wege gefunden, die Kosten für die Erhaltung der Gotteshäuser zu erwirtschaften. Beispiele hierfür sind Sankt Gabriel in Volksdorf und die Kirche in Hoisbüttel, die ihre Grundstücke teilweise zur Wohnbebauung freigegeben haben. Koch: „Ein Kirchenabriss ist eher selten.“ Im Fall der Lukaskirche erwies es sich als unmöglich, einen Nutzer für den Sakralbau zu finden. Andere christliche Gemeinschaften wollten das Gotteshaus nicht übernehmen. „Die Lage mitten in einem Wohngebiet ohne Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr war ein Grund für die Absagen“, sagt Pastor Schoeneberg.
Jetzt wird wohl der Kirchengemeindeverband der Kindertagesstätten das Grundstück nach dem Abriss für einen Erweiterungsbau nutzen. „Kindergartenplätze werden in Sasel weiter gebraucht“, so Schoeneberg. Ein Termin für den Abriss steht noch nicht fest. Inzwischen bemühen sich die Verantwortlichen darum, einen Abnehmer für die Orgel und die Glocken zu finden. „Meistens haben andere Gemeinden da durchaus Bedarf“, versichert Kirchensprecher Koch. Auch die wertvollen Glasfenster des Hamburger Künstlers Hanno Edelmann werden fachgerecht ausgebaut und für eine spätere Nutzung eingelagert.
Nun laden Pastor Schoeneberg und der Kirchengemeinderat zu einem Informationsabend über den „notwendigen Schritt die Lukaskirche vollständig aufzugeben“ ein. Am 20. April, 19.30 Uhr, erläutern die Verantwortlichen in der Vicelinkirche am Saseler Markt ihr Vorgehen im Gespräch und beantworten Fragen.
Gotteshaus mit ungewöhnlicher Geschichte
Die Lukaskirche ist die erste Kirche, die die aus Volksdorf stammende Architektin Brigitte Eckert-von Holst gebaut hat. Für die frühen 60er-Jahre war überraschend, dass eine junge Frau sich mit ihrem Entwurf im Wettbewerb gegen die männliche Konkurrenz durchgesetzt hatte. Mit gerade einmal 31 Jahren schuf Eckert-von Holst den an ein Zelt erinnernden Bau, ein Symbol des „wandernden Gottesvolkes“ mit einem wie eine Nadel in den Himmel ragenden freistehenden Turm, dem Campanile. Die bunten Glasbilder aus in Beton eingefassten riesigen Splittern schuf der Hamburger Künstler Hanno Edelmann. Die Lukaskirche war das erste gemeinsame Projekt von Eckert-von Holst und Edelmann. In den folgenden Jahren schufen sie außerdem die Cantatekirche in Duvenstedt und Sankt Gabriel in Volksdorf.
Last modified: 13. April 2022