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So wird aus einer normalen Straße eine Tempo-30-Zone

6. Oktober 2021

Viele Eltern fordern Geschwindigkeitsbegrenzung vor Schule und Kita

BERGSTEDT Einen sicheren Weg zu Schule und Kita: Das fordern nun Eltern in Bergstedt. Vor allem, nachdem im Kreuzungsbereich Bergstedter Chaussee und Volksdorfer Damm eine neue Kita eröffnet hat. Auch entlang der Grund- und Stadtteilschule Bergstedt am Volksdorfer Damm wünschen sich die Betroffenen Tempo30. Doch welche Voraussetzungen müssen grundsätzlich erfüllt sein, damit der Verkehr vor Schulen und Kitas gebremst wird? Wir haben nachgefragt.

Von Marius Leweke

Einfach kurz Bescheid geben und schon rückt die Straßenverkehrsbehörde mit einem 30 km/h-Schild an und malt einen Fußgängerüberweg auf die Straße. Was sich viele Eltern wünschen, funktioniert so in der Praxis nicht. Denn bevor derartige Maßnahmen getroffen werden, überprüfen die zuständigen Behörden – im Alstertal und den Walddörfern das zuständige Polizeikommissariat 35 in Poppenbüttel – die Lage vor Ort.

Die Bedingungen Die Stadt Hamburg hat sehr detaillierte Richtlinien zum Thema Verkehrsberuhigung vor Kitas, Schulen, Pflegeheimen und Krankenhäusern erlassen. Darin steht, dass die Geschwindigkeit „im unmittelbaren Bereich“ solcher sozialer Einrichtungen auf 30 Stundenkilometer beschränkt werden soll. „Unmittelbarer Bereich bedeutet: Liegt der Haupteingang an der Straße oder nicht?“, erläutert Holger Alfer, Leiter Prävention und Verkehr im Polizeikommissariat 35. „Zum Beispiel liegen die Grund- und die Stadtteilschule Bergstedt ohnehin in Tempo 30-Zonen – wie die meisten Schulen in Hamburg.“ Vor weiteren 123 Schulen besteht eine Tempo-30-Regelung. Wichtig zu wissen: Wo die Höchstgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer begrenzt ist, werden normalerweise keine Fußgängerüberwege angelegt. Doch keine Regel ohne Ausnahme: „Wenn wir feststellen, dass die Zahl von Fußgängern und Autos sehr hoch ist, prüft die Polizei die Einrichtung eines Überwegs“, so Experte Alfer. Es gebe zudem zwei wichtige Faktoren, die eine Geschwindigkeitsbegrenzung ausschließen: So darf an mehrspurigen Straßen nur ausnahmsweise die Höchstgeschwindigkeit gesenkt werden. Grund: Die Verkehrsbehörde befürchtet, dass dann vermehrt Autofahrer den Tempo-30-Abschnitt auf Nebenstraßen umfahren. Zudem seien im Regelfall genügend Ampeln eingerichtet, um die Straßen gefahrlos zu überqueren.

Die Ausführung „Am Anfang prüfen wir bei einem Ortstermin die baulichen Gegebenheiten“, sagt Erster Polizeihauptkommissar Alfer. „Man will vor allem verhindern, dass Kinder unmittelbar auf die Straße laufen.“ Neben der Geschwindigkeitsbegrenzung gebe es die Möglichkeit, am Straßenrand Geländer aufzustellen oder sogar den Eingang zur Einrichtung zu verlegen. In die Prüfung einbezogen werden alle Gefahren, die entstehen, wenn Kinder kommen und gehen.
Kommen und gehen will Holger Alfer dabei durchaus wörtlich genommen sehen. Sogenannte „Kiss-and-Go“-Zonen mit Parkbuchten, um sein Kind direkt vor der Schule abzusetzen „werden von der Polizei nicht unterstützt“. Alfer: „Jeder selbst gegangene Weg hilft dem Kind, sich besser und sicherer im Straßenverkehr zu bewegen.“
Wenn die Prüfung positiv ausfällt und ein Tempo-30-Abschnitt eingerichtet wird, muss erst einmal gemessen werden. Die Strecke darf grundsätzlich höchstens 300 Meter betragen. Eine Verlängerung ist möglich, wenn zwischen zwei Abschnitten weniger als 200 Meter liegen. Ob zusätzlich ein Fußgängerüberweg nötig ist, wird unter anderem nach Kontrollen der Fußgängerzahlen entschieden. Mindestens 50 Menschen pro Stunde müssen während der Spitzenzeiten die Straße queren.

Das Antragsverfahren Wer sich auf einem Straßenabschnitt eine Geschwindigkeitsbeschränkung wünscht, kann dieses Anliegen auf vielen Kanälen kundtun: beim stadteigenen Online-Portal Meldemichel, direkt beim PK 35 oder über die zuständige Bezirksversammlung. Tipp von Holger Alfer: Zuerst mit der Kita- oder Schulleitung sprechen.

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Marco Rödiger (links) und Malte Böhme wünschen sich Tempo 30 vor der Kita. Foto: Marius Leweke

BERGSTEDT Warum nicht Tempo 30 auf dem Volksdorfer Damm? Eine Kita, zwei Schulen, ein Fußballplatz, eine Tennishalle und ein beliebtes Einkaufszentrum liegen dicht hintereinander auf dem kurzen Stück zwischen Volksdorfer Grenzweg und Bergstedter Chaussee. Für die Anwohner Malte Böhme und Marco Rödiger ist das Grund genug, eine Reduzierung der Höchstgeschwindigkeit zu fordern. „Seit August kommt noch die neue Kita an der Kreuzung zur Bergstedter Chaussee hinzu“, sagt Böhme. In den Stoßzeiten seien darum nicht nur massenhaft Schüler, oft auf dem Fahrrad, auf dem nicht sonderlich breiten Gehweg unterwegs, sondern auch Eltern mit kleinen Kindern. „Und das in entgegengesetzten Richtungen.“ Zugleich befahren Autofahrer die Straße im Berufsverkehr mit 50 Stundenkilometern. „Viele gehen hier sogar nochmal richtig aufs Gas, um die Grünphase an der Kreuzung mitzunehmen“, hat Marco Rödiger beobachtet. Das Problem ist allerdings, dass die Haupteingänge der beiden Schulen, Grundschule Bergstedt und Stadtteilschule Bergstedt, nicht direkt am Volksdorfer Damm liegen und die Verkehrsbehörde
darum keinen Tempo-30-Abschnitt einrichten kann (siehe Bericht auf dieser Seite). Für die beiden Familienväter eine unbefriedigende Situation. „Der Schulweg beschränkt sich ja nicht auf das Schulportal“, meint Rödiger. Aber immerhin stehen zwischen der Leitung der im August eröffneten Kita an der Bergstedter Chaussee und der Leitung Prävention und Verkehr des zuständigen Polizeikommissariats 35 Gespräche über die Verkehrssituation im Umfeld der Einrichtung an. (ml)

Last modified: 6. Oktober 2021

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