Willkommen in den Walddörfern und im Alstertal

Ein Leben für den Garten

13. November 2020

Baldur Müggenburg ist draußen zu Hause

BARGTEHEIDE/VOLKSDORF Im Sommer arbeitet er 15 Stunden in seinem Garten. Jetzt im Herbst sind auch seine Tage kürzer, aber ähnlich arbeitsreich. Baldur Müggenburg nimmt sich Zeit für ein Gespräch mit dem Heimat-Echo. Obwohl: Er guckt immer wieder auf seine Armbanduhr, denn um 14.30 Uhr kommt seine Frau Christina von der Arbeit. Und dann muss die Suppe, die er vorgestern aus selbstgezogenem Gemüse gekocht hat, auf dem Tisch stehen!


Als die Müggenburgs 1999 ihr Haus am Hammoorer Weg 2 in Bargteheide kauften, gab es dafür wohl mindestens fünf Gründe: Es hatte gut 100 Jahre auf dem Buckel und verfügte demzufolge über Tradition. Auf der Terrasse an der Hauswand wuchs ein Feigenstrauch, der inzwischen 50 Jahre alt ist, am Carport rankt eine ebenso alte Kiwi. „Die pflücke ich und lasse sie nach der Ernte bis Februar liegen. Dann sind die erst richtig reif. Und schmecken, wie eine Kiwi schmecken soll. Gar nicht zu vergleichen mit den Wasserfrüchten aus dem Supermarkt.“ Grund vier ist die Größe des Gartens: 3000 Quadratmeter nennt Müggenburg sein Eigen. Und fünftens liegen Haus und Grundstück direkt an der Bahnlinie Hamburg-Lübeck. Immer wieder rattern Regionalzüge am Grundstück vorbei, ab und an auch ein ICE. „Ich habe seit meinem 13. Lebensjahr an der Bahn gelebt. Und meine Frau ist als Tochter eines Bahnangestellten im Schwarzenbeker Bahnhof geboren. Wir sind also daran gewöhnt.“

Der Garten grenz an den Bahndamm
Ab und an rauscht schon mal ein ICE vorbei. Der Garten von Baldur Müggenburg liegt direkt an der Bahnlinie Hamburg-Lübeck Foto: Anja Krenz


Direkt hinterm Haus, an die Terrasse grenzend, beginnt der Garten mit dem kleinen und dem großen Rosarium. Die zahlreichen Rosenstöcke hat Müggenburg bereits heruntergeschnitten, höchstens neun Zentimeter stehenlassen. „Heiße Schere, kaltes Herz muss man als Gärtner haben“, sagt er und erklärt, dass die oberen Enden einiger Rosenstängel durch den Frost, „falls wir welchen kriegen“, schwarz werden. „Die schneidet man dann im frühen Frühjahr noch mal ab. Und dann treiben die Stöcke aus wie verrückt.“ Rechts am Bahndamm steht das Gartenhaus, das er komplett isoliert und mit einem Frostwächter sowie einem Radiator ausgerüstet hat. „So wird das hier drin nie kälter als vier, fünf Grad!“ Perfekt, um die vielen Dahlien zu überwintern, die aktuell noch auf dem ganzen Grundstück verteilt um die Wette blühen. In zwei Tagen will Müggenburg alles abschneiden, die Knollen aus der Erde holen und kurz trocknen lassen. Dann wird er sie fein säuberlich beschriftet im Winterquartier einlagern, damit er im kommenden Jahr auch weiß, mit welcher Farbe er es zu tun hat.

Mannshohe Obstgehölze

Während der einstündigen Gartenbegehung gibt es vieles zu bestaunen: mannshohe Obstgehölze wie Schwarze Johannis- oder Jostabeeren und stachelige Ranken, die sich um Holzgerüste winden: „Dieses Jahr hatten wir 13 Kilo Himbeeren und 80 Kilo Brombeeren“, sagt Baldur Müggenburg. Der Weg führt vorbei an einem Glashaus, in dem er Gurken und Zucchini anbaut, gleich daneben: ein Unterstand für seine Tomatenzucht. Sein ganzer Stolz aber sind seine Kompostanlagen. „Ich kann gar nicht verstehen, dass die Leute ihre Gartenabfälle zum Recyclinghof bringen, und dann für teures Geld Dünger kaufen“, sagt der gelernte Landwirt kopfschüttelnd. Er verteilt das dunkle Gärtnergold im Frühjahr auf seinem Rasen und natürlich auf den Beeten. 125 Meter von der Haustür entfernt ist sein Grundstück zu Ende und geht trotzdem weiter. Denn den Geländestreifen entlang der erhöhten Gleise hat er als Leihgabe von der Deutschen Bahn erhalten: „Durch geschickte Verhandlung brauche ich nix zu zahlen. Einzige Bedingung: Ich muss das pflegen!“ Also noch mal 1.500 Quadratmeter mehr, die er bestellen kann.
Sein Garten ist sein Leben, und er zeigt ihn gerne vor. Im kommenden Juni wird er zum 19. Mal am „Offenen Garten“ teilnehmen. Dann bevölkern meist Wildfremde sein Idyll und bewundern die vielfältige Anlage. „Im Sommer sieht das hier aus wie ein Park“, schwärmt Müggenburg, den das Gärtnern fit hält: „Sitzen kann mein Körper nicht ab.“ Noch mindestens vier Jahre will der 76-Jährige weitermachen und viel ernten und einkochen. Seine Produkte hat er auf Bauernmärkten oder dem Bergstedter Feierabendmarkt angeboten. Derzeit bevorzugt er den Vertrieb direkt aus der Garage heraus. Statt eines Autos hortet er dort sein Eingemachtes: „Ich mache Süßes und Saures – Marmeladen, Säfte und eingelegte Gurken, Zucchini und Kürbisse.“

Baldur Müggenburg in seinem Garten
Baldur Müggenburg ist draußen zu Hause Foto: Anja Krenz

Jeden Dienstag Arbeit im Museumsdorf

Den letzten gelben Zentner aus seinem Kürbisbeet wollte er am 15. November im Museumsdorf Volksdorf vor Publikum einkochen – abgesagt. De Spieker-Mitglied ist er seit zehn Jahren, und jeden Dienstag tritt der Allrounder zum Arbeitsdienst im Museumsdorf an: Zäune ausbessern, Mauerwerk ersetzen, Ställe bauen – wenigstens etwas geselliges Vereinsleben in diesen Zeiten, in denen sein geliebter Plattdüütsch Krink schon seit dem ersten Lockdown nicht mehr stattgefunden hat. Den vermisst er sehr. Doch noch mehr vermissen seine Frau und er die Familie: „Es bricht uns das Herz, dass wir unsere Kinder in Frankfurt nicht sehen können.“
„Offener Garten“ bei den Müggenburgs am 19. und 20. Juni 2021 von 10 bis 17 Uhr. Eingemachtes von Baldur Müggenburg unter ch.mueggenburg@freenet.de oder Tel. 04532-7715.


Von Anja Krenz

Last modified: 17. Dezember 2020

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