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221 Privathäuser in Poppenbüttel einfach unter Denkmalschutz gestellt

11. Januar 2023

Eigentümer in der Siedlung Hamburg Bau sprechen von „Enteignung“

POPPENBÜTTEL In Hamburg gibt es einen umfangreichen Bestand an Kulturdenkmälern, die unter Denkmalschutz stehen: Vom Grabhügel bis zum prachtvollen Rathaus, vom schlichten Grenzstein bis zur eindrucksvollen Speicherstadt reicht die Liste. Jetzt gehört auch die Siedlung „Hamburg Bau“ von 1978 in Poppenbüttel dazu.

Von Matthias Damm

Auf der Homepage der Behörde für Kultur und Medien ist der Bestand an Kulturdenkmälern der Stadt aufgelistet und nach Bezirken geordnet. Im Bezirk Wandsbek finden sich neben vielen Grenzsteinen auch eine Scheune von 1826, Wohngebäude von 1890 und 1904, das AK Wandsbek, erbaut 1930/31, und seit kurzem auch die Einfamilienhäuser der Siedlung Hamburg Bau im Garleff-Bindt-Weg, erbaut 1978 nach einem Entwurf der Planungsgruppe Professor Laage.

Eigentümer fürchten Wertverlust

Die Hauseigentümer lehnen die Entscheidung ab. Sie fürchten einen Wertverlust ihrer Objekte. Zu den Betroffenen gehört Manfred Boldt, der sein Eigenheim in der Siedlung Hamburg Bau am Garleff-Bindt-Weg 1980 gekauft hat.

Die Siedlung wurde ab 1975 im Rahmen eines Einfamilienhaus-Förderprogramms entwickelt und sollte die Stadtflucht in den Speckgürtel der Hansestadt verringern. Ein interessanter und sozialer Ansatz, wurde doch der Quadratmeterpreis seinerzeit von der Kinderzahl der Käufer abhängig gemacht. Auch Boldt überzeugten die Lage im Grünen und die attraktiven Bodenpreise. Zweiundvierzig Jahre später brachte die Post ihm und allen Eigentümern in der Siedlung am 15. September 2022 die Nachricht, dass Hamburg Bau unter Denkmalschutz gestellt ist. „Das kam aus heiterem Himmel“, so Boldt. „Niemand hat mit uns vorher gesprochen, was das eigentlich für die Vermögenswerte bedeutet. De facto ist es nichts anderes als eine Enteignung, denn unser Haus kann ab sofort nur noch in Abstimmung mit dem Denkmalschutzamt renoviert oder gar verändert werden.“

Manfred Boldt ist stinksauer. Sein 1980 gekauftes Eigenheim wurde im September, genau so wie die anderen 220 Privathäuser in der Siedlung Hamburg Bau, unter Denkmalschutz gestellt. Boldt und sicher viele andere in der Siedlung sehen ihre Altersvorsorge gefährdet. „Die Entscheidung grenzt einen Käuferkreis stark ein und reduziert den Marktpreis erheblich“, meint Boldt.

Behörde erkennt keine Wertminderung

Auf Anfrage des Heimat-Echos teilte die Kulturbehörde mit, dass es sich nach der 2013 erfolgten Novellierung des Hamburger Denkmalschutzgesetzes um ein sogenanntes „Ipsa Lege-Gesetz“ (Gesetz für sich selbst) handelt, das nach Entscheid einer Unterschutzstellung durch das Denkmalschutzamt keinen Widerspruch mehr vorsieht. „In der Regel führt eine Unterschutzstellung nicht zu einer Wertminderung. Im Gegenteil wird es oft als besonderer Wert gesehen, wenn ein Gebäude unter Schutz steht“, erklärt Pressesprecherin Marianne Kurzer zur Einschätzung des Wertverlusts der Immobilien in diesem Ensemble. Zudem könne bei Renovierungen eine erhöhte steuerliche Abschreibung in Anspruch genommen und für einen denkmalbedingten Mehraufwand eine Förderung beantragt werden.

Gödersenweg Hamburg Bau Poppenbüttel
„Spielstraße“ Gödersenweg. Beim Hamburg Bau wurde familienfreundlich gedacht. Foto: K. Hesse

Das sieht Nicole Reise, Geschäftsführerin bei Frank Hoffmann Immobilien, anders: „Eigentümer die mit einem Verkaufsgedanken spielen, sind leider durch den Denkmalschutz ein Stück weit negativ belastet. Käufer sind durch den auferlegten Denkmalschutz gezwungen, die Immobilie zu erhalten, dann aber fällt häufig eine umfangreiche Modernisierung oder energetische Sanierung an. Diese Kosten werden sich im Kaufpreis bemerkbar machen. Je nach Zustand der Immobilie schätzen wir den Wertverlust ,Grundstück vs. Bestandsimmobilie‘ aktuell bei etwa 30 Prozent.“ Allerdings, so die Maklerin, sei eine Korrektur der Grundstückspreise zu beobachten. Der Verkauf als modernisierungsbedürftige Bestandsimmobilie werde künftig nicht mehr wesentlich von dem eines reinen Baugrundstückes abweichen.

Gesprächstermin mit der Politik

Kein Trost für Manfred Boldt: „Es ist doch ein erheblicher Unterschied, ob man eine Alsterschleuse unter Denkmalschutz stellt oder 221 private Immobilien mit einem Federstrich abwertet.“ Er will, dass der Denkmalschutz wieder zurückgenommen wird, sein Immobilienwert stabil bleibt.

Er findet Unterstützung bei der CDU, die zu einem Gespräch mit allen Betroffenen am 23. Januar um 19 Uhr im Heinrich-Heine-Gymnasium eingeladen hat. Dennis Thering: „Es ist völlig unverständlich, dass SPD und Grüne mit dem Denkmalschutzamt praktisch über Nacht mehrere hundert Häuser unter Denkmalschutz gesetzt haben. Das kommt einer Teilenteignung gleich, da die Häuser mit dieser Entscheidung zum Teil massiv an Wert verlieren. Wir fordern mit den Betroffenen eine Revision dieser Entscheidung.“

Hamburg Bau, Latekopweg, Poppenbüttel
Das Projekt Hamburg Bau erlaubte viele individuelle Häuser wie hier am Latekopweg. Foto: K. Hesse


Last modified: 26. Januar 2023

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