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Ein berührendes, historisches Zeitdokument

7. Dezember 2022

„Die Botschaft der Lerche“ erzählt von fast 100 Jahren deutscher Geschichte

VOLKSDORF Eine Geschichte von Heimat, Vertreibung, Flucht und einer großen Liebe – die Volksdorferin Petra Raspe hat die Zeitzeugenberichte ihrer Eltern Edeltraut und Peter Raspe – eingebettet in den historischen und kulturellen Kontext – zu einer fesselnden, authentischen Erzählung verknüpft und jetzt als Buch herausgegeben.

Von Susanne Lorenz

Duftender Apfelkuchen, Kaffee, Tee, vier Menschen um einen Tisch: Die masurische Gastlichkeit ist spürbar. Ich treffe Edeltraut und Peter Raspe im Haus ihrer Tochter Petra. Sie gehören zu den wenigen noch lebenden Zeitzeugen des 20. Jahrhunderts. Beide sind 1928 geboren und begegneten ein-ander als Sechzehnjährige in den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs.

Edeltraut: Edeltraut wächst mit neun Geschwistern auf einem Bauernhof auf. In Talken, einem Dorf im südlichen Masuren, damals Ostpreußen, lebt die große Familie ein einfaches, naturnahes Leben. Elektrizität und fließend Wasser gibt es nicht. Doch diese kleinteilige, vorindustrielle Landwirtschaft ist ökologisch, nachhaltig und fast autark. Tief empfunden erzählt Edeltraut von ihrer Liebe zur masurischen Natur, der Kultur und der masurischen Sprache. Als die Rote Armee im Januar 1945 Ostpreußen erreicht, fliehen Edeltraut und ihre Schwester Hilde aus Talken.
Mit Pferd und Wagen schließen sie sich dem großen Treck gen Westen an. Doch Ostpreußen ist bereits eingekesselt und im Wettlauf gegen die Frontlinien ändern sie ihre Route, überqueren das Eis des Frischen Haffs , durchqueren Pommern und erreichen Ende März das Gut Parin im Klützer Winkel in Mecklenburg. Sie haben überlebt Dank glücklicher Fügung und ihres Wissens im Umgang mit der Natur.

Edeltraut und Peter: Auf Gut Parin ist vom Krieg noch nicht viel zu spüren, es gibt zu essen, das Leben geht noch fast seinen normalen Gang. Hier können Edeltraut und Hilde ausruhen. Auf Parin begegnet Edeltraut Peter, dem ältesten Sohn des Gutspächters.

Liebe zur Natur

Es funkt schnell zwischen den beiden. Einen intensiven Sommer verbringen sie miteinander, teilen ihre Liebe zur Natur, streifen durch Felder und Wälder und lauschen der Botschaft der Lerche.

Peter: Peter ist in London geboren. Er hat seine Kindheit in Hamburg und auf Gut Parin verbracht. Sein Vater, Pächter dort, ist sehr fortschrittlich eingestellt und hat das Gut zu einem modernen, ertragreichen Betrieb gemacht. Peter liebt das Leben auf dem Gut und die wunderschöne Natur des Klützer Winkels. Er wünscht sich nichts mehr, als Gut Parin später zu übernehmen und weiterzuführen. Doch es kommt anders: Im Herbst wüten Typhus und Diphtherie auf Parin, das Gut wird enteignet und im Januar 1946 erhalten Peter und seine Geschwister den Befehl, Parin umgehend und endgültig zu verlassen. Edeltraut bleibt zurück. Doch ihre Liebe führt Edeltraut und Peter immer wieder zueinander. Im letzten Teil des Buches wird erzählt, wie es ihnen später gelingt, sich aus dem Nichts ein neues Zuhause aufzubauen.

Viele Jahre lang hat Petra Raspe die Erzählungen ihrer Eltern auf Audio festgehalten. Sie hat sie erzählerisch in den historischen Kontext eingebettet und zu Papier gebracht. Die originale Erzählweise der beiden hat sie dabei nur wenig verändert. Der Leser kann Edeltraut und Peter förmlich sprechen hören. „Die Erzählungen meiner Eltern sind durchzogen von schönen ebenso wie von traumatischen Erlebnissen“, sagt Petra Raspe. „Die Zeit, in der das Buch entstanden ist, hat viel dazu beigetragen, dass die beiden die Geschehnisse erzählend verarbeiten konnten. Wie Teile eines Puzzles haben sich nach und nach ihre individuellen Geschichten zu einer Erzählung zusammengefügt, die gleichzeitig universelle Erfahrungen der Menschen in sich trägt.“

Aus Fehlern lernen

Für Edeltraut und Peter Raspe waren die Naturerfahrungen ihrer Kindheit und die damalige naturnahe Lebensweise in schweren Zeiten immer wieder eine Quelle der Hoffnung und der Kraft, um zu überleben. Der sehnlichste Wunsch von Familie Raspe: „Wir sollten die Natur wieder mehr wertschätzen und uns bewusst machen, dass Mensch und Natur aufeinander angewiesen sind. Lasst uns nicht die gleichen Fehler erneut begehen, sondern das Wissen um die Qualität und die positiven Auswirkungen eines einfachen, gesunden Lebens weiterentwickeln und danach handeln.

Die Botschaft der Lerche. Die geschichte ihrer Eltern hat Petra Raspe jetzt in einem Buch herausgegeben. Foto: Raspe

Wo gibts das Buch? Das Buch ist bei BoD (Book on Demand) erschienen, hat die ISBN 9783754354087 und kostet 14,99 Euro.

Last modified: 7. Dezember 2022

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