Marius Leweke ist von Volksdorf bis Marseille gefahren
VOLKSDORF „Ihr fahrt nach Südfrankreich? Mit dem Elektro-Auto? Geht das überhaupt?“ Ja, das geht. Mit ein wenig Zeit, Planung und dem Verzicht aufs Kilometerfressen, wie Heimat-Echo-Redakteur Marius Leweke in diesen Sommerferien erfahren hat.
Von Marius Leweke
Seit gut zwei Jahren fahren wir vollelektrisch und unser „Stromer“, ein Tesla Model 3, hat sich im Alltag voll bewährt. Auch auf längeren Strecken. Doch unser Roadtrip von Volksdorf nach Marseille ist der bislang längste und der erste, der uns ins Ausland führt. 4300 Kilometer und 19 Ladestopps später steht fest: Ein Unterschied ist nicht festzustellen. Frankreich, Österreich und die Schweiz bieten die gleiche Lade-Infrastruktur wie Deutschland.
Ladekarte funktioniert auch im Ausland
Wo gibt es Ladestationen? Sind die frei und funktionieren? Wie kann ich dort zahlen? Noch immer kursieren Gerüchte und Warnungen, wie diffizil es sei, sein E-Auto aufzuladen. Vieles davon hat sich im Jahr 2022 erledigt. Zum Beispiel die Zahlungsmodalitäten. Mit unserer von einem großen Automobilclub gemeinsam mit einem großen Energieversorger ausgegebenen Karte haben wir überall den gezapften Strom problemlos bezahlen können. Sei es in einem Hinterhof in Saint-Remy-de-Provence oder vor der berühmten Seebühne am Festspielhaus in Bregenz: Das Bezahlen ist auf unserer Reise nirgendwo ein Problem, an den entlang der Autobahnen aufgereihten Tesla-Supercharger ohnehin nicht.
Dort übrigens herrscht vor allem in Frankreich reger Betrieb. Reisende aus ganz Europa treffen sich, vor allem aus Ländern wie Norwegen oder Finnland, wo die Skepsis gegenüber Elektro-Autos offenbar deutlich geringer ist. Ein Nachteil der Schnelllader ist ihre Lage. Meist verbringt man seine Ladezeit in unattraktiven Industriegebieten und an Autohöfen. Eine Ausnahme ist Motten in der Rhön, wo die Ladesäulen auf dem Areal eines gemütlichen Landgasthofs warten. Die Zwangspausen stehen, je nach gefahrenem Tempo, alle zwei bis zweieinhalb Stunden an und dauern 20, 30 Minuten. Zeit für Fahrerwechsel, Frischluft schnappen und ein bisschen Bewegung.
Gute Planung und viel Zeit mitbringen
Deutlich länger ist die Ladezeit an den normalen Stationen, wie sie sich an all unseren Etappen- und Ausflugszielen finden. Die Standorte sind per App und Navi leicht ausgemacht, abzulesen ist auch, ob eine Steckdose frei ist und wieviel Leistung sie höchstens abgibt. Man hat sich daran gewöhnt, die Reichweite des Autos nicht bis zur letzten Kilowattstunde auszureizen; denn auch frei angezeigte Ladeplätze sind bisweilen von Fremdparkern belegt.
In Marseille heißt das für uns, eine Extrarunde um den Block zu drehen – Zeitverlust: zehn Minuten – ehe wir Hamburgs Partnerstadt in voller Schönheit und bei größter Hitze erkunden. Die Lade-Infrastruktur ist gut genug, um solche Malaisen aufzufangen. Und ein Aspekt der Vorbereitung ist es, alternative Ladestationen im Blick zu haben. Spontan und auf die Schnelle Kilometer zu „fressen“ entfällt aus technischen Gründen. Zeit nehmen und planen sind essenziell für den Roadtrip mit dem E-Auto.
Dazu gehört ein wenig auch die Wahl des passenden Quartiers. Unser Hotel nahe des Pont du Gard verfügte über eigene Ladepunkte. Kein Wunder: Schließlich befand es sich in einer ehemaligen Postkutschenstation, wo einst schon Kardinal Richelieu, Katharina von Medici und Hellseher Nostradamus die Pferde wechselten. Noch eine letzte Zahl: Geladen haben wir für rund 400 Euro, laut Spritkostenrechner hätte die Reise mit Verbrennermotor 200 Euro mehr gekostet.
Last modified: 17. August 2022