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Flaniermeile Volksdorf stößt auf geteiltes Echo

18. Mai 2022

Top oder Flop? Besucher und Geschäftsleute uneins über das Projekt

VOLKSDORF Seit Sonnabend hat sich das Zentrum Volksdorfs in eine Flaniermeile verwandelt: 70 Parkplätze fallen für die nächsten acht Wochen weg, dafür wurden bunt bepflanzte Hochbeete aufgebaut, Kinder freuen sich über eine Sandkiste und Sitzgelegenheiten sollen zum Verweilen einladen. Zum Auftakt gab es traumhaftes Sommerwetter. Spiegelt sich das auch in der Stimmung wider?

Von Stephanie Rutke

Von Anfang an war das Projekt Flaniermeile umstritten: Befürworter freuen sich über mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer und weniger Autoverkehr, Kunden und Geschäftsleute dagegen bemängeln, dass es keine Parkmöglichkeiten mehr gibt. Ärzte befürchten, dass ältere Patienten deshalb in Zukunft auf andere Praxen ausweichen könnten.

Weniger Autos und Bücher zum Kaffee

Zu den Befürwortern gehört der Volksdorfer Dr. Hans Schöning (88), der ganz in der Nähe der Flaniermeile wohnt. „Ich freue mich, dass es jetzt viel ruhiger ist, es fahren weniger Autos und es stehen Bänke zur Verfügung, die laden zum Ausruhen ein“, sagt der Rentner. „Ich genieße die Flaniermeile als meinen Gesundheitspfad und wünsche mir, dass es bei der Flaniermeile bleibt.“ Auch Charlotte Wenzel (36), Mutter aus Meiendorf, bewertet das Projekt positiv. Sie ist mit ihren Töchtern Aiva (8) und Greta (5) mit dem Lastenrad gekommen. „Ich finde die Flaniermeile schön, weil es weniger Autos gibt, es darf gerne eine Weile so weitergehen.“ Auch die vielen verschiedenen Sitzgelegenheiten kommen bei ihr gut an, genauso wie die vergrößerte Außenfläche des Café Hamer und die Gestaltung vor der Buchhandlung Ida von Behr.
Hier haben sich die Mitarbeiter etwas Schönes einfallen lassen: „Wir servieren jetzt Bücher zum Kaffee, den man sich nebenan in einer der Bäckereien holen kann“, erklärt Anne Tüllmann. Das wird gut angenommen, und alle drei Leseexemplare waren am Abend noch da. „Es ist immer schwierig, wenn sich Dinge verändern, man muss flexibel bleiben“, sagt sie.

Charlotte Wenzel (36) und ihren Töchtern Aiva (8) und Greta (5) gefällt es. Fotos: Parello
Für Dr. Hans Schöning (88) kann es bei der Flaniermeile bleiben. Foto: Stefanie Parello

Reger Austausch in der Facebook-Gruppe

Ein reger Austausch findet in der Facebook-Gruppe „Volksdorf Austausch“ statt. Der reicht von Kritik am gesamten Projekt über die Frage, wer eigentlich die Blumen in den Hochbeeten gießt bis zu Vorschlägen, wie auch ohne Parkplatz ein schneller Besuch beim Bäcker möglich ist. Die Stimmung unter den Geschäftsleuten ist stark abhängig vom Gewerbe. 

Die einen profitieren, andere ärgern sich

Zu denjenigen unter den Geschäftsleuten, die Umsatzeinbußen befürchten, gehört Martin Schubert von Volksdorfs Kult-Imbiss „De Fries Express“ in der Claus-Ferck-Straße. „Unsere Kunden kommen hauptsächlich mit dem Auto und holen sich ein Hähnchen oder eine Currywurst mit Pommes Frites nach Hause. Jetzt fallen durch die Flaniermeile sämtliche Parkmöglichkeiten vor dem Imbiss weg, auch in den Abendstunden. Ich bin richtig sauer, denn das hat unmittelbaren Einfluss auf mein Geschäft. Meine Kunden wollen kurze Wege, weil sonst das Essen kalt wird. Ich befürchte erhebliche Einbußen“, sagt er.
Ganz anders sieht es im Café Hamer‘s aus: Hier stehen jetzt statt vorher 30 rund 50 Sitzplätze im vergrößerten Außenbereich zur Verfügung. „Es ist gut angelaufen, die Terrasse war jeden Tag voll“, freut sich Inhaber Marco Hamer.(str/md)

Durch den Wegfall der Parkmöglichkeiten direkt vor dem Geschäft fürchtet Martin Schubert vom Kult-Imbiss „De Fries Express“ in der Zeit des Flaniermeile-Projektes ein Kunden-Minus
Einladende Atmosphäre vor der Buchhandlung Ida von Behr. Foto: Stefanie Parello

Last modified: 18. Mai 2022

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