Willkommen in den Walddörfern und im Alstertal

Funke Oshonaike fliegt zu den Olympischen Spielen

15. Juli 2021

Tischtennisspielerin vom SC Poppenbüttel zum siebten Mal dabei

POPPENBÜTTEL/TOKIO Die für Nigeria startende Wahl-Hamburgerin Funke Oshonaike erlebt in Japan ihre siebten Olympischen Spiele – als erste Tischtennisspielerin der Welt.

Von Sebastian Conrad

„Tischtennis beim SC Poppenbüttel, das ist mehr als nur Tischtennis und viel mehr als nur Sport“, sagt Funke Oshonaike kurz vor ihrer Abreise nach Tokio gegenüber dem Heimat-Echo. Es ist eher eine Lebensphilosophie, eine große Familie – einzigartig im deutschen Tischtennis”, so die 46-Jährige mit strahlenden Augen. Auf ihre Tischtennisfamilie muss die Wahl-Hamburgerin jetzt für einige Wochen verzichten. Wir erleben ihre letzte Trainingseinheit vor dem Abflug nach Tokio, wo Oshonaike als erste Tischtennisspielerin der Welt zum siebten Mal an Olympischen Spielen teilnehmen wird. Sie habe schon viel erlebt in ihrem Leben, berichtet die 14-malige Weltmeisterschaftsteilnehmerin. „Ich freue mich auf meine siebten Spiele. Aber ich habe auch ein etwas mulmiges Gefühl“, beschreibt die Ausnahmesportlerin ihren Gemütszustand.

„Ich kann es immer noch nicht richtig glauben, dass ich wirklich noch einmal antrete“, sagt Oshonaike. Aber letztlich sei das historische siebte Mal auch der Grund dafür, dass sie sich überhaupt noch einmal aufgerafft habe. Die Meisterschaft mit dem SCP in der 2. Tischtennis Bundesliga, der Guinness-Weltrekord im „Rohes Ei über das Netz spielen“ oder auch ihre vielen Titel als Afrikameisterin seien ihr nicht so wichtig wie ihre siebte Teilnahme im Zeichen der fünf Ringe.
Oshonaike, die 1998 ihren Lebensmittelpunkt von Italien nach Poppenbüttel verlegte, erlebte ihre ersten Spiele 1996 in Atlanta/USA. 2000 in Sydney/Australien verstarb ein Mitglied des nigerianischen Teams. „Das hat auf die Stimmung gedrückt.“ Es folgten 2004 die Spiele in Athen/Griechenland und 2008 die Spiele in Peking/China, wo Tischtennis Nationalsport ist. 2012 in London fühlte sich Oshonaike wie in Lagos, „so viele Nigerianer leben dort, es war nichts Besonderes“. Nach Rio 2016, wo sie für ihr Land Nigeria bei der Eröffnungsfeier die Fahne ins Stadion tragen durfte, sollte dann Schluss sein. „Ich spürte, dass ich mit den Jungen nicht mehr mithalten kann“, so Oshonaike.

Funke1
Funke Oshonaike erlebt in Japan ihre siebsten Olympischen Spiele. Foto: Conrad

Doch es kam anders: Im Frühjahr 2020 gewann Oshonaike erneut das olympische Qualifikationsturnier, und am Ende ist es für sie auch eine Frage der Ehre, ein siebtes Mal für ihr Land bei Olympischen Spielen anzutreten.
Während der Corona-Zeit war beim SC Poppenbüttel kaum Trainingsbetrieb möglich. „Ich habe mit einem speziellen Tischtennisroboter trainiert, um in Form zu bleiben, bin fünfmal die Woche zum Joggen gegangen. Aber ich habe gemerkt, dass ich einiges eingebüßt habe. Deshalb habe ich in den vergangenen Wochen noch einmal sehr hart trainiert.“ Körperlich sei sie schon jetzt müde und ausgelaugt, mental jedoch umso aufgekratzter und voller Vorfreude. „Ich weiß, dass das, was ich erleben werde, etwas ganz Besonderes ist”, sagt Oshonaike. Bei ihren letzten beiden Olympiateilnahmen schaffte sie die Qualifikation zur Hauptrunde. Mehr wird auch in diesem Jahr kaum möglich sein.

Mittlerweile ist Oshonaike, nach einem kurzen Zwischenstopp in Frankfurt, in Tokio angekommen. Bis zu ihrem ersten Wettkampf darf sich die zweifache Mutter ausschließlich in der Tischtennis-Trainingshalle und im hermetisch abgeriegelten Olympischen Dorf bewegen. „Ich bin immer noch aufgeregt, und etwas Abstand von der Heimat tut derzeit ganz gut”, schreibt sie an die Heimat-Echo-Redaktion. Das liegt auch daran, dass ihr Arbeitgeber Hermes (Otto Group) Oshonaike und ihrem Team betriebsbedingt zum September gekündigt hat. „Arbeitslos zu sein, das ist eine neue Erfahrung für mich“, schreibt sie. Schrecken kann sie selbst diese Aussicht allerdings nicht. „Wenn eine Tür zugeht, geht nach Olympia irgendwo eine andere auf, die dir etwas Besseres bringt“, ist Oshonaike sicher.
Wer diese Power-Frau einmal persönlich getroffen hat, weiß, dass es diese Aussagen sind, die für ihre außergewöhnliche Karriere gesorgt haben. Und man kann sich nicht ganz sicher sein, dass eine dieser Türen in drei Jahren nicht auch noch zu den Olympischen Spielen nach Paris führt. Möglich ist alles.

Last modified: 14. Juli 2021

Comments are closed.