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Umweltschützer befürchten „Mülltourismus“

2. Dezember 2020

Neue Verbrennungsanlage in Stapelfeld: Auswirkung auch auf Walddörfer?

STAPELFELD/WALDDÖRFER Vor den Toren Hamburgs entsteht eine neue Müllverbrennungsanlage in Stapelfeld sowie zusätzlich eine Klärschlammverbrennungsanlage. Beide Anlagen sollen Ende 2022 in Betrieb gehen – die jetzige MVA wird dann abgeschaltet. Interessengemeinschaften und Umweltschützer schlagen Alarm, befürchten höhere Immissionen und einen Mülltourismus.

Noch gibt es nicht mal eine Baugenehmigung, aber der Protest ist schon jetzt riesengroß. Eine geplante Müllverbrennungsanlage (MVA) und eine Klärschlammanlage (KVA) in Stapelfeld sind stark umstritten. Die Vereine BIG Stapelfeld e.V. (Bürger-Interessen-Gemeinschaft) und Das Bessere Müllkonzept S-H e.V. bemängeln das Genehmigungsverfahren und befürchten eine höhere Schadstoffbelastung, die je nach Windrichtung neben dem Naturschutzgebiet Höltigbaum und zahlreichen Gemeinden in Schleswig-Holstein auch die Walddörfer betreffen könnte. Vor allem dann, so die beiden Vereine, wenn nicht die laut einer EU-Richtlinie vorgeschriebene bestverfügbare Technik angewendet wird, um den Schadstoffausstoß technisch auf geringstmöglichem Niveau zu halten. So sind die zentralen Forderungen der Vereine: Nutzung bestehender Kapazitäten, kein überflüssiger Bau der KVA und Rückbau der bestehenden MVA.

Gelände auf dem die Müllverbrennungsanlage gebaut werden soll
Die bestehende Müllverbrennungsanlage wird stillgelegt, eine neue gebaut. Auf diesem Platz neben der alten Anlage soll die neue Müllverbrennungsanlage sowie eine Klärschlammverbrennungsanlage gebaut werden Foto: EEW


80 Prozent des Mülls kommt aus Hamburg

Die jetzige Müllverbrennungsanlage ging 1979 in Betrieb. Zehn Prozent des Mülls kommen aus den Kreisen Stormarn und Lauenburg, 80 Prozent aus Hamburg. Die Anlage verbrennt aktuell rund 350.000 Tonnen Abfall pro Jahr, erzeugt dabei Strom für etwa 38.000 Haushalte und circa 244.000 Megawattstunden an Fernwärme. Bereits zehn Jahre nach Inbetriebnahme sollte die Verbrennungskapazität verdoppelt werden. 18 betroffene Gemeinden, die im Umkreis von etwa fünf Kilometern von Immissionen der Anlage hauptsächlich betroffen sind, verweigerten ihre Zustimmung und der Kreistag Stormarn beschloss einstimmig, einen Ausbau der MVA zu verhindern. Zusätzlich erwirkten die Kreise Stormarn und Lauenburg 1997 vom Betreiber der MVA ein vertraglich gesichertes Anhörungsrecht zu weiteren Ausbauplänen und ein Mitbestimmungsrecht, wenn es um die Erhöhung der Verbrennungskapazitäten in Stapelfeld geht.

2016 übernahm das Unternehmen EEW Energy from Waste GmbH (ein Tochterunternehmen der Beijing Enterprises Holdings Limited) die MVA Stapelfeld, die jene nun umstrittenen Erweiterungspläne fasste. Klaus Koch von „Das Bessere Müllkonzept“: „Um diese umsetzen zu können, hat EEW die beiden betroffenen Kreise gebeten, auf ihr Veto-Recht zu verzichten. Stormarn und Lauenburg stimmten 2017 zu und erhielten jeweils 400.000 Euro als Gegenleistung.“

Landesamt für Umwelt weist Kritik ab

Die vorgetragene Kritik der Interessenverbände möchte das zuständige Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume Schleswig-Holstein so nicht stehenlassen. Es betont auf Anfrage, dass der Einsatz bestverfügbarer Technik in einem zu erwartenden Genehmigungsbescheid festgeschrieben wird und die Emissionen beider Anlagen in den Schornsteinzügen gemessen werden.

EEW Stapelfeld gibt an, künftig zusammen mit einer ebenfalls geplanten Anlage in Kiel den gesamten Klärschlamm aus Schleswig-Holstein verbrennen zu wollen, auch, um dabei den begehrten Mineralstoff Phosphor gewinnen zu können. Bislang landete Klärschlamm mit den darin enthaltenen Schadstoffen vornehmlich als Dünger auf Ackerflächen. Was all das am Ende für die Walddörfer bedeutet – die Umweltschützer haben es im Blick.

Von Matthias Damm

Last modified: 2. Dezember 2020

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