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„Ich will jetzt mein Arzneimittel – sofort!“

25. November 2020

Wie ein renitenter Masken-Verweigerer eine Apotheke in Aufruhr bringt

Eine große, bekannte Apotheke in Volksdorf am vergangenen Donnerstag. Es ist bereits später Nachmittag, draußen dämmert es. Im Verkaufsraum vier oder fünf Kunden: Zwei jugendliche Mädchen, ein Mutter mit Baby, eine weitere Frau und eine alte Dame mit Gehhilfe. Hinter dem Tresen bedienen eine erfahrene Apothekerin und eine jüngere Fachkraft, beide sind zuvorkommend und freundlich. Die Kunden kennen sich nicht untereinander, es ist still. Unter den Masken wird ja ohnehin wenig gesprochen.
Ein Mann betritt die Apotheke. Er ist um die 60, ein aufrechter Mann, grau meliert. Später erinnern sich die Kunden an seine gepflegte Erscheinung. Er trägt einen teuren, dunkelblauen Wollmantel mit kariertem Kapuzenfutter. Allen im Raum fällt sofort auf, dass der Mann keine Maske trägt.

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Von der Maskenpflicht ausgenommen sind in Deutschland wenige Menschen. Es benötigt ein ärztliches Attest, um von der Maskenpflicht befreit zu werden, zum Beispiel bei einer Lungenfehlfunktion oder wenn Asthma das Atmen auch ohne Maske in erheblicher Weise erschwert. Auch psychische Erkrankungen können Grundlage für eine Befreiung sein. Zwei weitere Gruppen glauben, auf eine Maske verzichten zu dürfen: Menschen, die bereits Corona hatten, aber dennoch eine Maske tragen müssen. Sie sind nicht ausgenommen. Und es gibt die Maskenverweigerer, die der Gesellschaft das Leben derzeit so erschweren.
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Zurück in der Apotheke: Der Herr steht jetzt am Tresen.
Die Apothekerin: „Darf ich Sie bitten, ihre Maske aufzusetzen.“
Er: „Nein, mache ich nicht.“
Die Apothekerin weist freundlich darauf hin, dass eine Maskenpflicht besteht und sie ihn gerne bedienen würde. Wenn er doch bitte seine Maske aufsetzen möge.
Die Stimme des Herrn wird lauter. Es ist unangenehm.
Er: „Ich will jetzt meine Arznei – sofort. Ich bin hier, um meine Arznei zu kaufen. Ich werde meine Arznei jetzt bekommen.“
Die Mutter mit Kind überlegt sich in diesem Moment, ob sie den Laden nicht besser verlässt. Wer weiß, wie das ausgeht?
Ein Hin und Her beginnt: Bitte setzen Sie die Maske auf. Nein, mach ich nicht. Bitte setzen Sie die Maske auf. Nein.
Eine Kundin mischt sich ein. Sie belehrt den Mann ohne Maske. Er verhalte sich unmöglich. Und sie sagt: „Sie sind ein richtig unhöflicher Herr.“
Er, sehr laut: „Den unhöflichen Herrn nehmen Sie zurück. Sofort!“
Sie: „Nein, mache ich nicht.“
Der Maskenverweigerer wird aggressiv. Die geballte Faust donnert auf den Tresen: „Ich will jetzt meine Arznei!“
Die Situation erscheint ausweglos.
In diesem Moment schaltet sich beherzt die junge Apotheken-Kollegin ein. Mit stoischer Ruhe deeskaliert sie, fragt betont freundlich: „Was darf ich Ihnen geben?“
Er: „Ich hätte gerne Aspirin.“
Sie schließt den Kaufvorgang ab. Er bezahlt und verlässt die Apotheke. Zurück bleiben, aufgewühlt und fassungslos, Kunden und Personal.

Maskenpflicht – die Rechtslage
In Hamburg ist das Tragen einer Mund-Nasen-Schutzes vorgeschrieben: im Handel, auf Wochenmärkten, in Verkehrsmitteln, aber auch in öffentlichen Räumen mit Publikumsverkehr. Einzelhändler, sind für ihre Verkaufsräume verantwortlich und müssen die Maskenpflicht durchsetzen, ansonsten verstoßen sie gegen die behördliche Anordnung und riskieren eine Schließung. Gegenüber Maskenverweigerern können Sie sich auf ihr Hausrecht berufen, notfalls mit Hilfe der Polizei.

Tipps von der Kommunikationsberaterin: „Sachlich bleiben, Aggression vermeiden“

Wie reagiert man auf Maskenmuffel oder notorische Maskenverweigerer? Was darf man sagen, was besser nicht? Fünf Tipps von der Kommunikationsberaterin Tina Straub (Straub & Straub, Poppenbüttel):

  1. Sachlich bleiben
    Natürlich können Sie Nicht-Maskenträger direkt ansprechen: „Darf ich Sie fragen, warum Sie keine Maske tragen? Mir wäre es lieber, wenn Sie eine tragen würden.“ So kann sich der Gegenüber rechtfertigen. Vielleicht gibt es einen ernstzunehmenden Grund.
  2. Emotionen vermeiden
    Bei dem Thema kochen schnell die Emotionen hoch. Die aber sollte man vermeiden. Möglich ist dieser Hinweis: „Ich könnte mich bei Ihnen anstecken. Das möchte ich für mich und mein Umfeld nicht. Deshalb bitte ich Sie ganz höflich, mir diesen Gefallen zu tun.“
  3. Dialog führen
    „Wissen Sie, auch mich nervt die Maske. Aber ich stelle mein Bedürfnis ebenso zurück. Wirklich schade, dass wir da auf keinen gemeinsamen Nenner kommen.“ Wenn man es so empfindet, könnten Sie anfügen: „Ich fühle mich von Ihnen schon ein wenig bedroht.“
  4. Keine Eskalation
    Halten Sie sich zurück und wenden Sie sich ab, bevor der Konflikt eskaliert. Sie können dieses Problem nicht lösen. Hartnäckige Maskenverweigerer sind wie Kinder, denen man ihr Spielzeug weggenommen hat. Oder wie Autofahrer, die mit streiten. Leider nur gefährlicher.
  5. Schwierig für Geschäftsinhaber
    Als Kunde ist es leicht, sich abzuwenden. Menschen, die beruflich mit Maskenverweigerern umgehen müssen (z.B. öffentlicher Nahverkehr, Geschäftsinhaber, Verkaufspersonal), müssen sich der Situation stellen. Wichtig ist, vorab unter den Mitarbeitern ein Handeln abzusprechen: Entweder ein Ja zum begrenzten Konflikt inklusive Hinauswurf aus dem Geschäft oder eben Deeskalation.

Und wie hat die Apotheken-Fachfrau in Volksdorf gehandelt, Frau Straub?
„Mir hat die jüngere Dame imponiert, wie sie den Konflikt durch Nachgeben gelöst hat.“
Vielen Dank für das Gespräch.

Tina Straub, Kommunikationsberaterin von Straub & Straub in Hamburg-Poppenbüttel
Tina Straub, Kommunikationsberaterin von Straub & Straub in Hamburg-Poppenbüttel

Last modified: 17. Dezember 2020

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