Interview mit Vince Bahrdt
POPPENBÜTTEL Der Songwriter und Pianist des Pop-Duos Orange Blue Vince Bahrdt (50) wuchs in Bramfeld und Lemsahl-Mellingstedt auf und ist seit mehr als zwei Jahrzehnten erfolgreicher Musikproduzent. Redakteur und Podcaster Sebastian Conrad traf den Musikproduzenten, der u.a. mit Udo Lindenberg und Ben Becker arbeitet, zu einem Exklusivinterview in seinem heimischen Tonstudio in Poppenbüttel. Ein Gespräch über seinen Album-Start in Krisenzeiten, über die Teilnahme am Eurovision Song Contest und warum er nicht mit seiner Familie beim SC Poppenbüttel Tennis spielte.
Von Sebastian Conrad
Vince Bahrdt wurde als jüngstes Kind seiner Familie in Hamburg geboren und ist Sohn des ehemaligen Handball-Nationalspielers Fritz Bahrdt. In den 1990er-Jahren gründete der Songwriter und Pianist gemeinsam mit Volkan Baydar das Pop-Duo Orange Blue. Vince Bahrdt arbeitet regelmäßig als Produzent für bekannte Popstars.
Heimat-Echo: Vince, wie geht es Dir in diesen Krisenzeiten?
Vince Bahrdt: Es ist hochgradig furchtbar. Während der ersten Kriegswoche in der Ukraine habe ich überhaupt nicht gearbeitet, da ich mich nicht konzentrieren konnte. Ich bin mit vielen ukrainischen Freunden im Austausch, die alle Familienangehörige haben. Ukrainer sind ein so lebensfrohes Volk und uns Europäern sind die Hände gebunden. Diese Ohnmacht ist schmerzhaft. Ich bin ein melancholischer Mensch und in Dur komponiere ich derzeit nicht!
Nun sitzen wir hier im schönen Norden von Hamburg. Was bedeutet Dir Heimat?
Meine Eltern sind während meiner Kindheit von Bramfeld nach Lemsahl gezogen. In Poppenbüttel habe ich einen großen Teil meines Lebens verbracht und meine ganze Familie hat beim SC Poppenbüttel Tennis gespielt. Allerdings war ich damals schon das komische schwarze Schaf. Während die Familie auf dem Tennisplatz stand, habe ich lieber Musik gemacht. Heimat ist mir sehr, sehr wichtig. Für mich ist Heimat der Norden von Hamburg. Meine Eltern leben in Hummelsbüttel. Das fühlt sich wahnsinnig gut an.
Wenn wir auf Eure Karriere zurückblicken, kommt man an dem großen Hit „She`s Got That Light” nicht vorbei. Wie sehr nervt es Dich, wenn Du immer wieder auf diese Debütsingle, die alleine 31 Wochen in den Charts war, angesprochen wirst?
Für mich ist es ein ausnahmslos positives Thema. Ich mag den Song auch nach 22 Jahren noch und er geht mir bisher nicht auf die Eier. Er zwang mich außerdem dazu, Musiker zu werden.
Zu dieser Musikerkarriere gehört auch Dein Duo-Partner. Wie hast Du Volcan Baydar kennengelernt?
Damals klingelte Volcan an unserer Tür in Lemsahl, da wir über ein Stadtmagazin einen Sänger für unsere Band suchten. Im Handumdrehen wurden wir beste Freunde. Dabei wurde uns immer nachgesagt, dass wir homosexuell seien. Einmal mehr: Wir sind es nicht, aber es lag natürlich nahe, wenn zwei Typen zusammen Balladen singen. Wir haben zusammen viel Blödsinn gemacht und waren rund zehn Jahre nahezu unerträglich. Es hat viel Spaß gemacht!
Und dann, nach vielen Jahren als Solokünstler, das Comeback. Nach 20 Jahren ist Orange Blue zurück auf der Bühne. Wie war das?
2014 hatten wir uns bereits wieder gefunden. Die Songs für das neue Album lagen fertig in der Schublade und waren nie weg. Es dauerte aber bis 2020. Zwei Wochen nachdem das neue Album rausgekommen war, gab es dann den ersten Lockdown. Wir hätten es nicht besser planen können (lacht ironisch).
Kurz vor diesem ersten Lockdown gab es 2020 noch ein ausverkauftes Auftaktkonzert im St. Pauli Theater. Wie haben Eure Fans auf dieses Comeback reagiert?
Es war sehr, sehr groß. Unsere enge Fan-Klientel war immer da, da wir in all den Jahren auch immer kleine Konzerte gespielt haben. Der Kontakt ist sehr ehrlich. Wir sind kein Tennie-Schwarm und bei uns zeltet keiner vor der Haustür. Unsere Fans sind an der Musik interessiert und ich würde sagen, dass wir ein eher erwachsenes Publikum haben.
Welche Folgen hatte die Pandemie für die geplante Tour?
Wir haben 2020 gerade noch unsere Promotion-Tour bei Radiosendern geschafft und dann kam der Lockdown. Auf einmal war alles tot. Streaming ist leider auch keine Alternative. Wir haben das zwei Mal versucht. Man tut sich damit aber keinen Gefallen, da es einfach nicht gut klingt.
2021 Jendrik aus Volksdorf, 2022 Malik Harris – was hältst Du vom Eurovison Song Contest?
In der Tat haben wir 2009 über Universal mit dem Titel „A million teardrops” mal an dem deutschen Vorentscheid teilgenommen. Das war damals Halb-Playback. Wir sind dritter geworden. Ich würde es nur noch einmal machen, wenn der Song das Potential hat. Es ist eh fragwürdig mit Musik-Songs in einen Wettstreit zu gehen.
Wie groß ist Deine Hoffnung, dass wir 2022 einen normalen Konzertsommer erleben dürfen?
In einem gewissen Rahmen wird mit Sicherheit einiges möglich sein. Die Stadt Hamburg ist an dieser Stelle sehr bemüht. Spätestens 2023 wird es dann hoffentlich wieder richtig losgehen.
Das gesamte Interview mit Vince Bahrdt im Echo-Talk
Last modified: 9. März 2022