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Ist die Vollsperrung wirklich nötig?

17. November 2021

250 betroffene Bürger bei Info-Abend der Bürgerinitiative

WELLINGSBÜTTEL Mehr Durchblick für die betroffenen Bürger: Das bot der Info-Abend der Bürgerinitiative gegen die auf fünf Jahre angelegte Vollsperrung von Wellingsbütteler Landstraße und Wellingsbütteler Weg. Vertreter von Hamburg Wasser und dem Verkehrsplanungsbüro Stracon erläuterten in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule rund 250 Interessierten die Pläne und nahmen Anregungen entgegen. Sie sollen in eine neue Verkehrsplanung einbezogen werden.

Von Marius Leweke

Dies vorab: Es gibt offenbar keine Ideallösung für die Verkehrsprobleme, die die Modernisierungs- und Sanierungsmaßnahmen an Wellingsbütteler Landstraße und Wellingsbütteler Weg mit sich bringen. Dazu sind die nun der Öffentlichkeit präsentierten Baumaßnahmen einfach zu umfangreich. 4100 Meter Trinkwasserleitung werden dort neu verlegt, dazu ein 2100 Meter langes Mischwassersiel mit bis zu 1,40 Meter Rohrdurchmesser. Das Ganze, während die Versorgung der Anwohner ununterbrochen weiterläuft. Hinzu kommen 8,2 Kilometer Strom- und 2,1 Kilometer Gasleitungen und eine neue Fahrbahndecke für die Straße, über die täglich 20.000 Kraftfahrzeuge rollen.

Beide Seiten kommen zu Wort: BI-Sprecher Guido von Scheffer und Ines Anders und Roland Stutzki (v.li), die für die Stadt das Projekt vorstellten. Foto: Marius Leweke

Dafür sei es nötig, Abschnitte der Strecke komplett zu sperren, sagt die Stadt. Dass die Grundinstandsetzung notwendig ist, bestreitet die Bürgerinitiative „5 Jahre Vollsperrung – Nein Danke!“ nicht. Die Bürger stört, dass für die Arbeiten die Straße komplett für den Durchgangsverkehr gesperrt werden und die Bauzeit fünf Jahre betragen soll. Eine Petition an Verkehrssenator Dr. Anjes Tjarks wurde bereits gestartet. Außerdem fühlen sich die BI-Vertreter von der Stadt unzureichend und zu kurzfristig informiert.

Im Laufe der zweistündigen, sehr sachlich geführten Diskussion kristallisierte sich heraus, dass viele Befürchtungen der Anwohner – etwa zum Zugang für Rettungsdienste – bereits mit den zuständigen Stellen geklärt sind. Es blieben aber auch Themen, um die sich die Verantwortlichen der Stadt, wie sie selber zugaben, noch nicht ausreichend gekümmert haben, etwa die Lage der Gewerbetreibenden. Ein weiterer Infoabend folgt.

Großes Interesse im Stadtteil: Die Aula der Albert-Schweitzer-Schule war am Montagabend gut gefüllt. Gut 250 Bürger wollten sich über den aktuellen Stand informieren. Foto: Marius Leweke

„Schlagader des Viertels wird durchschnitten“
Wenn die Straße fünf Jahre gesperrt wird, ist die Schlagader des Viertels durchschnitten, sein Herz hört auf zu schlagen. Nicht nur die Geschäftsleute werden darunter leiden. Auch für Schüler, Lehrer und Eltern ist dies die größte Einschränkung, die es in Hamburg je gegeben hat. Es geht nicht darum, dass nicht gebaut werden soll, sondern um Alternativen und die katastrophale Infopolitik zu diesem Monsterprojekt, das wie eine Schikane der Verkehrsbehörde wirkt. Sechs Monate vor Baubeginn sollen die Betroffenen offenbar so wenig wie möglich erfahren.
Peter Becker, Sprecher Bürgerinitiative

„Warum werden wir nicht ins Boot geholt?“
Es wird vom Ortskern, wie wir ihn kennen, nichts mehr übrigbleiben. Durch die Vollsperrung bleiben zum einen die Kunden aus, es werden Geschäfte schließen müssen. Auch der Lieferverkehr benötigt Platz. Wenn sich die LKW durch die Seitenstraßen schlängeln müssen, macht das den Verkehr im Viertel nicht unbedingt sicherer. Ich frage mich auch, warum wir bei der Planung nicht ins Boot geholt werden, sondern erst kurz vor Baubeginn von den konkreten Maßnahmen erfahren haben.
Guido von Scheffer, Inhaber Rewe Markt und Sprecher der IG

Sie sorgen sich um die jungen Sportler: Dr. Eckart Ischebeck vom Klipper THC mit BI-Sprecher Peter Becker (rechts). Foto: Marius Leweke

„Es wird für Kinder jetzt gefährlich“
Auf unseren Sportanlagen am Eckerkamp trainieren und spielen regelmäßig 600 Kinder und Jugendliche. Ganz viele von ihnen kommen mit dem Rad oder zu Fuß. Wenn jetzt der Verkehr, der bislang über die Wellingsbütteler Hauptstraße läuft, in die Nebenstraßen umgeleitet wird, kommen sie nur noch ganz schlecht zu uns, weil der Weg schlicht zu gefährlich ist. Das gilt natürlich für Kitas und Schulen genauso. Es wird durch die Vollsperrung für Kinder und Jugendliche gefährlich.
Dr. Eckart Ischebeck, Zweiter Vorsitzender Klipper THC

„Maßnahme ist zwingend notwendig“
Es geht hier nicht um eine Maßnahme der Verkehrsbehörde, sondern um eine Grundinstandsetzung, an der vier städtische Unternehmen beteiligt sind. Die Maßnahmen sind keine „Schikane“ und kein „Monsterprojekt“, das verkehrspolitisch motiviert ist. Wir bemühen uns intensiv, die Arbeiten schnell abzuwickeln. Die Erneuerung von Siel und der Trinkwasser- und Gasleitungen sind auch aus Umweltschutzgründen notwendig. Dass wir das in einem Rutsch bewältigen, ist für die Anwohner von großem Vorteil.
Michael Pollmann, Staatsrat Umweltbehörde

„Durchgangsverkehr draußen halten“
Wir wollen durch die Vollsperrung den Durchgangsverkehr, der zwei Drittel des Verkehrsaufkommens ausmacht, aus dem Bereich heraushalten. Damit werden die Anwohner weniger belastet als bei einer Einbahnstraßenregelung, die die Bürgerinitiative ins Gespräch gebracht hat. Die Verkehrsbehörde und wir sind weiterhin für Vorschläge offen und bereit, die Pläne zu ändern. Gespräche darüber finden schon in den nächsten Tagen statt und wir werden weiterhin darüber informieren.
Roland Stutzki, Projektingenieur Hamburg Wasser

Last modified: 17. November 2021

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